wird", beschreibt die Kulturanthropologin Johanna Rolshoven das Vakuum. Trauer sei Privatsache geworden - mit problematischen Nebenwirkungen. Johanna Rolshoven nennt Gefühle des Gelähmtseins, der Einsamkeit und vor allem: "Verhaltensunsicherheiten".

Kein noch so gutes Buch über Nahtod-Erfahrungen, keine Lektüre von Todesanzeigen, keine Körperwelten-Ausstellung mit ästhetisch plastinierten Leichen kann vorbereiten auf jenen Moment, in dem ein nahestehender lebendiger Mensch zur "sterblichen Hülle" wird. Auf die Kollision mit der Vergänglichkeit. Auf die Erfahrung der Endgültigkeit, die in einer Gesellschaft besonders schmerzlich wirkt, in der so vieles ersetzbar und käuflich ist. In der Jugendkult und Seniorengymnastik und High-Tech-Medizin die gefährliche Illusion des "es geht immer weiter" schüren. Mit dem Tod eines Nächsten stellt sich - plötzlich und unerwartet - auch die Sinnfrage für das eigene Dasein.

Die Kulturen und Religionen der Welt haben Rituale entwickelt, mit dieser existenziellen Krise umzugehen. Seit Menschengedenken wird der Abschied von den Toten von unterschiedlichen Zeremonien begleitet (siehe Seite 188). Anthropologen und Psychologen kennen die heilsame Kraft, die sich dabei entfaltet. Handlungen zu wiederholen, die schon die Ahnen der Ahnen vollzogen haben, bietet Halt und bettet den Einzelnen in die Gemeinschaft ein.
Bis zum Anfang des vorigen Jahrhunderts war der Tod auch im Abendland ein ritualisiertes und öffentliches Ereignis. "Man schloss die Vorhänge im Zimmer des
Sterbenden, zündete Kerzen an, sprengte Weihwasser aus; das Haus füllte sich mit Nachbarn, Angehörigen und Freunden... Die Totenglocke erklang in der Kirche", schreibt der französische Historiker Philippe Ariès in seiner "Geschichte des Todes"*.

Die Traueranzeige an der Haustür, das Totenamt, die "von Passanten ehrerbietig gegrüßte" Prozession der schwarz Gekleideten zum Friedhof, all das zeugte von kollektiver Klage: "Nicht nur ein Einzelner war dahingegangen, sondern die Gemeinschaft als Ganze war getroffen und musste nun ihre Wunde heilen."

Drei Generationen später sind nur noch Relikte der öffentlich und gemeinschaftlich ausgelebten Trauer übrig. Jahrelang schwarz tragen? Kaum bekannten Nachbarn Kondolenzbesuche abstatten? Solche Verpflichtungen passen schlecht zum städtisch geprägten Alltag. Selbst die Übereinkunft, dass ein gepachteter Quader Friedhofserde samt Kreuz oder Grabstein den Fixpunkt der Trauer darstellt, gilt längst nicht mehr überall.

Der Traditionsbruch ist in ostdeutschen Großstädten am deutlichsten: In München werden nach einer