Untersuchung der Jenaer Kulturwissenschaftlerin Barbara Happe nur fünf Prozent der Toten anonym bestattet - in Chemnitz dagegen finden 70 Prozent derToten die letzte Ruhe dicht an dicht in "Gemeinschaftsanlagen". In Leipzig und Erfurt sind es 50 Prozent, in Hamburg immerhin 25 Prozent. Oft gibt es keinen Hinweis auf Namen und Lebensdaten; manchmal erinnern gemeinsame Gedenktafeln an die Toten.

Die Kirchen, jahrhundertelang Alleinbevollmächtigte für den Übergang ins Jenseits, haben dieses Monopol verloren. Die Passion Christi taugt schlecht als Modell für eigene Tragödien. "Im Umgang mit Tod und Trauer wird die Auflösung christlicher Traditionen besonders deutlich", stellt der Sozialhistoriker Norbert Fischer fest, der über Friedhofshistorie promoviert hat.

Trauergottesdienste auf Zentralfriedhöfen, deren Pfarrer die Verstorbenen nicht kennen, lassen spirituelle Bedürfnisse unerfüllt. Der Arbeitstakt in Friedhofskapellen ist von Tempo und Routine diktiert. "Liturgische Elemente" erweisen sich laut Fischer mehr und mehr "als Versatzstücke, die in bürokratisierte und technisierte Abläufe eingebaut werden."

Die Klage der Kirchen über den "Verfall der Trauerkultur" teilt der Historiker nicht. Seine Hoffnung ist ein neuer, zeitgemäßer Umgang mit dem Tod, geprägt von "Selbstbestimmung, Anteilnahme und Kreativität".
Friedhof Hamburg-Ohlsdorf.
Ein Trauerzug von 200 Menschen mit bunten Luftballons zieht zum Gemeinschaftsgrab der Initiative "Memento", an der Spitze der Hamburger "Aids-Seelsorger" Rainer Jarchow. Die Träger lassen den weißen Sarg mit den Sonnenblumen in die Gruft hinab. Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub. Eine letzte Rose fliegt dem Toten hinterher. Es folgt das Luftballon-Ritual, das seinen Ursprung der Aids-Bewegung in den USA verdankt: gemeinsames Loslassen. Ein symbolträchtiger Akt. 200 Ballons schweben in die Höhe; die Gemeinde richtet den Blick von der Grube in den Himmel über Hamburg, von der Erdenschwere hin zur Leichtigkeit des Nicht-mehr-Seins.

Reinhardswald bei Kassel. Blätter rascheln, Äste wiegen sich, Spechte pochen - als lange letzte Ehre für die Toten. Seit November 2001 sind 116 Hektar des riesigen Forsts zum ersten deutschen "Friedwald" erkoren. Das Konzept, einen Baum auszuwählen und auf 99 Jahre zu pachten, stammt aus der Schweiz. Nur eine unscheinbare Plakette am Stamm der Eichen, der Buchen und Lärchen weist auf die Toten hin, die hier in den Kreislauf der Natur zurückkehren. Ihre Asche düngt die Wurzeln.

Kammerhorster Steingarten in Puls bei Itzehoe. Josephine Peters-Bustorff steht mit einem jungen