und Totenhemden, Rüschchen und Schleifchen anpriesen "wie Extras beim Autokauf". Weil sie von allem abrieten, was heilsam sei, aber nicht in ihre Routine passe: Totenwäsche, Totenwache, Aufbahrung zum Abschied daheim. Weil sie damit Leid unnötig vergrößerten - denn letzte Liebesdienste für die Sterbenden und Toten, so Roths feste Überzeugung, entschieden mit über das Wohlergehen derer, die weiterleben.
Die Geschichte vom gelben Sarg zeugt von einem anderen Zugang, und Fritz Roth erzählt sie gern. Auf Krücken ist eine Frau, 58 und schwer krebskrank, mit ihren beiden erwachsenen Söhnen aus Leverkusen zu ihm gekommen, um ihre Beisetzung zu regeln. Bitte nicht ins Familiengrab, bitte Einäscherung mit großer Trauerfeier. Der Bestatter macht ihr einen ungewöhnlichen Vorschlag: "Nehmen Sie doch einen Sarg mit, und gestalten Sie ihn selbst!"
Mit einem "komischen Gefühl" holen die Söhne "die Kiste" am folgenden Tag ab. Kaufen Ökofarbe im Bastelladen. Und dann bemalen André und Ingo Nösse, ein 31-jähriger Betriebswirt und ein 29-jähriger Touristikmanager, nach Feierabend im Keller Quadratzentimeter für Quadratzentimeter den Sarg ihrer Mutter Gabriele: gelber Untergrund, grünes Gras, Blumen, Schmetterlinge, wie sie es sich wünscht.
Schwach ist sie inzwischen geworden, nur ein kleines |
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Eckchen pinselt sie selbst mit. Und ihre Handfläche drückt sie in Weiß auf den Deckel. Zu den Abdrücken der Söhne, der Schwiegertöchter und den Fußstapfen der kleinen Enkelin. Drei Wochen nach dem ersten Besuch in Bergisch Gladbach kehrt Gabriele Nösse im Sarg zurück, in ihrem blauen Kostüm, mit der den Toten eigenen wächsernen Alabasterhaut.
Fünf Wochen später spricht ihr Sohn André freimütig darüber, wie schmerzhaft und wichtig der Prozess für alle war. Welche Überwindung der Gang zum Bestattungsinstitut gekostet hat - und wie sehr er ihre Mutter dann erleichtert habe, "fast so, als würde sie eine Art Vorfreude spüren". Wie er und sein Bruder sich nun freuten, "wieder ins Leben zu treten und loszuleben", ganz nach dem mütterlichen Rat: "Nutzt eure Zeit, nutzt dieses Leben!"
Vor seinem Karrierewechsel war Fritz Roth Betriebswirt und Unternehmensberater. 1983 übernahm der frühere Klosterschüler die Bestattungsfirma Pütz. In Deutschland und auf der griechischen Insel Ikaria besuchte er Kurse bei Jorgos Canacakis, dem Pionier der modernen Trauerbegleitung (siehe Seite 200). Und er kaufte 30000 Quadratmeter Wald samt einer leer stehenden Fabrikantenvilla, die er zur verwunschenen "Traueroase" umbaute.
Schon draußen begrüßen den Besucher Objekte mit Hintersinn, von Künstlern und Trauergruppen |
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